Schatten auf dem Eis
29. Dezember 2015
Zwei glänzende Streifen ziehen sich durch das Bild. Sie wirken glatt; ganz im Gegensatz zur restlichen Eisfläche, die von Schnee bedeckt zu sein scheint. Nur die unscharfen Umrisse eines Kindes sind im Gegenlicht zu erkennen. Es rutscht wohl auf seinen Schuhen über das Eis und hat dabei die Arme ausgebreitet, um das Gleichgewicht zu halten. Sein Schatten ist lang und fällt dem Betrachter regelrecht entgegen.
Die Fotografie entstand 1934/1935 im Stadtpark von Steglitz. Ganz in der Nähe, im Hermesweg 3, bezog Christian Schad drei Jahre zuvor sein Atelier.Von hier, inbesondere aber vom Dach der Häuserreihe aus, hatte er einen direkten Blick in den Park. So konnte er im Winter kleinere Gruppen auf der Eisfläche am Hermesweg unbeobachtet aus der Vogelperspektive ablichten. Bei diesen Fotos fallen, wie auf dem hier gezeigten Bild, die Bildkompositionen mit Schlagschatten auf, die eine besondere Ästhetik bewirken. Es scheint nicht um das Individuum zu gehen, sondern um die Wirkung von Licht, Objekt und Schatten.
Werkverzeichnis Photographie
Der Werkkomplex Photographie, den Schad im Jahr 1934/1935 in Berlin entwickelte und der in annähernd 1000 Schwarz-Weiß-Abzügen überliefert ist, wurde erst im Jahr 2002 durch den Fotohistoriker Enno Kaufhold im Archiv der Christian-Schad-Stiftung Aschaffenburg (CSSA) entdeckt und 2012 als zweiter Band des Werkverzeichnisses beim Wienand-Verlag publiziert.

Christian Schad, Werkverzeichnis in fünf Bänden, Band II: Photographie, Wienand Verlag, ISBN 978-3-87909-930-6